Diese Gedichte reimen sich selten und folgen keiner festen Form – nicht aus Unvermögen, sondern aus Absicht. Denn wie sonst ließe sich das, was im Wandel, im Prozess ist, zum individuellen Bewusstsein des Lesers tragen? Etwas, das vollkommen sein kann, ohne sich in Begriffe fassen zu lassen? Der Umgang mit inneren Gegensätzen, aus denen persönliche Wirklichkeit erwächst, bildet den Boden, aus dem dieser Gedichtband wächst. Bewusstsein bestimmt, wie sehr sich Körper und Geist vom engen Rollenbild lösen können. Zu Beginn ihrer Dichterleidenschaft schrieb und dichtete Ingrid Ratheiser, um sich selbst in den Zustand und das Gefühl von Freiheit zu versetzen. In der Dichtung sieht sie eine besondere Fähigkeit: Sie hat Mut zum Fühlen und entfaltet sich vor dem berührbaren Leser als Verwandlung vom tiefsten Einsamen zum intimsten Gemeinsamen. Es gibt keinen vergleichbaren Weg, wenn es sich um das Nahebringen von Verborgenem handelt.